Messungen von Erlichson und Bearman & Harvey
In nachfolgender Zeit erforschte Erlichson den Winkel der Flugbahn zur Horizontalen, der die Carry-Weite vergrößert, wobei er ein Modell benutzte, bei welchem sowohl Widerstand und Auftrieb proportional zur Anfangsgeschwindigkeit sind, was sich später als falsch herausstellte. Diese lineare Abhängigkeit wurde wiederum von Williams postuliert, basierend auf seinen Versuchen über die Weite gegenüber der Geschwindigkeit. McPhee und Andrews griffen die Ergebnisse von Erlichson´s Modell auf und erweiterten die Erkenntnisse mit dem Effekt von Sidespin und Wind. McPhee und Andrews bemerkten dabei, dass die lineare Geschwindigkeitsabhängigkeit des Widerstandes, postuliert von Williams im Widerspruch zu den Windkanal-Versuchen von Bearmann und Harvey (BH) standen. Außerdem war es schon lange bekannt, dass der Widerstand eines glatten Balles proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit ist. Das gilt für Re-Zahlen, im Bereich von 2.103 bis 2.105, und einem dementsprechenden Geschwindigkeitsspielraum von 5 bis 76 m/s. BH fanden heraus, dass Dimples den Luftwiderstand des Balles bei einer Geschwindigkeit von etwa 25 m/s im Vergleich zum glatten Ball um die Hälfte reduzieren. In guter Näherung und für Geschwindigkeiten bis zu 91 m/s stimmt die Feststellung, dass der Widerstand proportional zum Geschwindigkeitsquadrat ist. Die Kurve der Widerstandsbeiwerte gegenüber der Geschwindigkeit, basierend auf dem Modell von Williams, schneidet die Kurve experimentell ermittelter Daten bei einer Geschwindigkeit von etwa 50 m/s (Abbildung 40). Bei Startgeschwindigkeiten von 61 m/s bis 76 m/s, ist der Williams-Widerstand 10% bis 30% kleiner als der Wert, der mit den BH-Beiwerten be-rechnet wurde; am Ende des Fluges, wenn die Geschwin-digkeit deutlich reduziert ist, ist der Williams-Widerstand etwa 60% bis 80% höher.
Im Folgenden soll nun die Flugbahn, bestimmt durch die CD und CL-Werte, gemessen von BH, mit den vorhergesagten Weiten von Erlichson und mit den verfügbaren Daten von gemessenen Drives verglichen werden. Außerdem wird der Einfluss von Sidespin sowie von Wind dargestellt. Als letztes wurde noch einer Vermutung von McPhee und Andrews nachgegangen und der Abfall an Spin während des Fluges in Relation zu den anderen Parametern des Ballflugs untersucht. Folgende Daten wurden mit Hilfe eines sehr zuverlässigen Programms ermittelt, dass nach zahlreichen Berechnungen der Wirklichkeit sehr genau nachempfunden wurde. Sämtliche Berechnungen wurden mit dem kleineren britischen Golfball durchgeführt.
Mit aC = 4,428 s, bC = 90,2 m, aD = 3,807 s und bD = 25 m. Daish bezog Formeln, die ähnlich der von Christopherson waren, mit den Konstanten aC = 4,5 s, bC = 94,2 m, aD = 3,75 s und bD = 25 m. Unglücklicherweise untersuchte Williams nicht den Einfluss des Startwinkels.
? ist die Dichte der Luft, wobei A die Querschnittsfläche des Balles ist. BH stellten CD- und CL-Werte für Geschwindigkeiten im Bereich von 14 m/s bis 89 m/s und Spins von 0 U/min bis 6250 U/min. Da der Geschwindigkeitsbereich beim Start von 46 m/s bis 76 m/s reicht, und beim Landen 27 m/s bis 28 m/s beträgt, ist der Bereich von 27 m/s bis 76 m/s für den Drive ausschlaggebend. Abbildung 40 zeigt, dass bei gleicher Geschwindigkeit der CD-Wert für 0 U/min und 3500 U/min unterschiedlich ist.
Der Widerstandsbeiwert, den Erlichson berechnete, wurde von Williams definiert:
Wobei der Auftriebsbeiwert folgendermaßen beschrieben wurde:
Wie man in Abbildung 40 sieht, schneidet die Kurve von Erlichson die der experimentell bestimmten Werte bei einer Geschwindigkeit von 50 m/s. Der entsprechende Schnittpunkt für den Auftriebsbeiwert findet bei v = 73 m/s statt. Die Tabelle zeigt das Verhältnis zwischen Auftrieb bzw. Widerstand und Gewicht des Balles, das sowohl mit den experimentellen Ergebnissen und den Werten des Erlichson-Modells berechnet wurde. Die aufgezeigten Kräfte können mit der Gravitationskraft verglichen werden, wobei die des Erlichson-Modells stark von den anderen abweichen. Da ist es sinnvoll die entsprechenden Unterschiede zwischen den beiden Flugphasen, basierend auf dem Erlichson-Modell und berechnet aus gemessenen CD und CL-Werten, zu untersuchen.
Im luftleeren Raum zeigt sich eine quadratische Abhängigkeit:
Daish fand diese lineare Abhängigkeit durch seine Kenntnisse über die Proportionalität des Widerstands zum Geschwindigkeitsquadrat und des Auftriebs zur Geschwindigkeit. Aus den Abbildungen erkennen wir, dass diese Erkenntnis auch im Modell von Erlichson steckt. Ebenfalls wurde untersucht, wie die Schlagweite einer Geschwindigkeit von 61 m/s vom Neigungswinkel abhängt.
Die Ergebnisse werden in Abbildung 43 gezeigt. Die Flugbahnen von BH ergeben eine Maximalweite von 200 m bei einem Winkel von 23°. In vorausgegangenen Berechnungen ergab sich bei Daish ein optimaler Winkel von 20°. Dagegen sagt das Erlichson-Modell nur eine Maximalweite von 179 m bei einem Winkel von 16° voraus. Im Vakuum ist die Weite für ? = 45° maximal, da sin(2?45°) = 1. Qualitativ sind also die beiden Flugbahnen von BH und Erlichson sehr verschieden. Abbildung 44 zeigt Flugbahnen für eine Anzahl verschiedener Startbedingungen, wobei die unterschiedliche Skalierung der beiden Achsen zu einer Quetschung des Graphen führt, und daher relativ unanschaulich wirkt. Die Flugbahnen, berechnet nach dem Erlichson-Modell erreichen größere Höhen und treffen nach einer viel steileren Abwärtskurve auf den Boden auf. Gegenwind, wie in Abbildung 45 dargestellt, verstärkt diesen Effekt. Eine Windgeschwindigkeit von 6 m/s entspricht etwa einer mäßigen Briese (Windstärke 4).
Die Tabelle auf Seite 39 zeigt eine Zusammenfassung sämtlicher Flugbahnen abhängig von Spin und Wind bei einer Geschwindigkeit von 61 m/s und einem Neigungswinkel von 11° für die BH-Flugbahnen und 16° für die Flugbahnen berechnet nach dem Erlichson-Modell.
Bei Wind müssen drei Geschwindigkeiten betrachtet werden. Die erste ist die relative Geschwindigkeit des Balles zum Boden v1, die gleich der Ballgeschwindigkeit gegenüber der Luft ist, wenn kein Wind herrscht. Eine weitere ist die relative Windgeschwindigkeit im Vergleich zum Boden v2. Die dritte ist die Geschwindigkeit des sich bewegenden Balles gegenüber der Luft v3. Aus zwei Gegebenen ergibt sich jeweils die Dritte, wie in Abbildung 46 gezeigt wird. Die Strecke OP zeigt die erste Geschwindigkeit, die des Balles gegenüber dem Boden. Der Radius des Kreises stellt die Windgeschwindigkeit dar. Herrscht also Gegenwind, ist v3 größer als v1. So entspricht die Strecke AO der Geschwindigkeit v3. Sie ist die Summe aus v1 und v2 also aus den Strecken PO und PB. Wird dagegen der Ball bei Gegenwind geschlagen, entspricht v3 der Differenz von PO und PB also BO. Handelt es sich um Seitenwind von links oder rechts, lässt sich v3 gleichermaßen mit der Strecke CO beschreiben. DO repräsentiert v3, einen Wind, der von Nordost bläst (im Bezug auf die Zeichnung). Die aerodynamischen Kräfte sind von v3 abhängig und nicht allein durch v1 und v2 zu bestimmen. Wenn wir uns daran zurückerinnern, dass Auftrieb und Widerstand von der relativen Ballgeschwindigkeit gegenüber der Luft abhängen, kann man daraus schließen, dass bei Rückenwind weniger und bei Gegenwind mehr Auftrieb und Widerstand auftreten wird. Der erfahrene Golfer wird deshalb seine Drives bei Gegenwind möglichst tief schlagen, wobei er bei Wind von hinten versuchen wird, dem Ball möglichst viel Höhe zu verleihen. Bei einer Windgeschwindigkeit von etwa 50 m/s ändert sich der Widerstand um den Faktor 5 oder mehr, wenn der Wind von vorne oder hinten kommt.
Darüber hinaus haben wir erfahren, dass Hooks und Slices durch die gleichen aerodynamischen Kräfte zustandekommen, wie Auftrieb und Widerstand. Wird also ein Ball in den Wind geschlagen, wird sich außer dem Auftrieb und dem Widerstand auch die Kraft erhöhen, die einen Hook bzw. einen Slice zustandekommen lässt. Sie werden sich also bei Gegenwind verstärken, und bei Rückenwind abgeschwächt werden. Da in Höhen von 50 m bis 100 m kaum Windstille herrscht, macht das, besonders im Herbst, den Golfsport noch anspruchsvoller.
Im Folgenden wird auf den Einfluss von Seitenwind eingegangen. Um das einfacher darzustellen, stelle man sich einen Ball vor, der sich vom Westen nach Osten bewegt. Die Strecke OP in Abbildung 46 repräsentiert die relative Geschwindigkeit des Balles zum Boden. Angenommen, der Wind bläst direkt von Norden, dann lässt sich dessen Geschwindigkeit v2 durch CO darstellen. Wenn man sich nun vorstellt, auf dem Ball zu sitzen, wird man einen Wind aus Nordost verspüren. Der Widerstand hängt von der Geschwindigkeit der Luft gegenüber dem Ball ab und diese Kraft wird auch in die Richtung des Windes gegenüber dem Ball nicht gänzlich entgegen der Flugrichtung des Balles wirken. Wie in Abbildung 47 dargestellt, wird der Ball durch den Widerstand entlang der Flugbahn des Balles abgebremst und von der seitlichen Komponente rechtwinklig zur anderen in diesem Fall nach rechts abgelenkt. Aus diesen beiden ergibt sich der Gesamtwiderstand. Ist der Seitenwind stark, vergrößert sich die seitliche Komponente und wirkt sich somit stärker auf die Gesamtablenkung aus.
Ein relativ großer Einfluss des Windes kann bei den Einträgen für Rückenwind bzw. Gegenwind von 6 m/s der gleichen Stärke beobachtet werden. Noch offensichtlicher ist jedoch der Einfluss von Sidespin bzw. Seitenwind. Ohne Sidespin ist eine Abweichung bei Seitenwind für das Erlichson-Modell um 50% größer. Außerdem wird daraus deutlich: je mehr Backspin, desto weniger Bedeutung hat der Sidespin. Bei einem Slice oder Hook, hervorgerufen durch eine seitliche Rotation von etwa 12 U/min ist beim Erlichson-Modell die Abweichung zur Seite um 30% größer.
Zeigen bei den Messungen von BH der Seitenwind und der Drift in entgegengesetzte Richtungen heben sie sich bei dem unten angegebenen Werten etwa auf, wobei beim Erlichson-Modell der Ball zehnmal soweit abgelenkt wird, was auf erhöhten Einfluss des Seitenwindes zurückzuführen ist. Diese Unterschiede können aus nachfolgender Tabelle herausgelesen werden. Bei Geschwindigkeiten unterhalb von 61 m/s, produziert der Ball im Erlichson-Modell eine größere Höhe, was zum Ersten am größeren Neigungswinkel und zweitens am deswegen erhöhten Spin und damit stärkeren Auftrieb liegt. Bei einer Anfangsgeschwindigkeit über 61 m/s erreicht der BH-Auftrieb größere Werte, jedoch die ebenfalls größere Widerstandskraft lässt den Ball auch schneller absinken. Was erstaunlich ist, ist, dass bei allen Anfangsgeschwindigkeiten von 46 m/s bis 76 m/s die Geschwindigkeit bei der Landung jeweils nahezu konstant ist. Sie beträgt bei BH etwa 27 m/s und im Modell von Erlichson rund 21 m/s. Wegen der ungleichen Skalierung der x- und y-Achse kann man in Abbildung 44 kaum erkennen, dass der Auftreffwinkel bei der Landung mit zunehmender Geschwindigkeit ebenfalls stark zunimmt. Nimmt man zum Beispiel die Werte der BH-Berechnungen, steigt der Auftreffwinkel von 19° bei 46 m/s auf mehr als 36° bei einer Anfangsgeschwindigkeit von 76 m/s. Dieses widerspricht jedoch der Behauptung von Williams, der annahm, dass der letzte Teil des Absinkens des Balles eine krumme Gerade ist und dessen Gestalt unabhängig von der Anfangsgeschwindigkeit ist. Dies ist Teil seiner falschen Annahme, die Widerstandskraft sei linear von der Anfangsgeschwindigkeit abhängig, im Gegensatz zu einer quadratischen Abhängigkeit, die schon lange Zeit in der Ballistik angewendet wird.
Eine Verfallszeit von 22,41 s, wie es Bennett bekannt gab, würde die Ballflugweite, berechnet aus den BH-Koeffizienten, um etwa 3% verkürzen. Hält man diesen Wert für td für richtig, ist es nötig, den durchschnittlichen Neigungswinkel auf 12° zu erhöhen, um mit der empirischen Formel für die Weite in Übereinstimmung zu kommen. Der Neigungswinkel für die maximale Flugweite, würde bei 23° verbleiben. Beim Erlichson-Modell würde jedoch keine Änderung eine Übereinstimmung mit den Daten ermöglichen.
Die Widerstands- und Auftriebsbeiwerte, die von Bearman und Harvey experimentell bestimmt wurden, beschreiben Kräfte, die fast proportional zum Geschwindigkeitsquadrat während eines Drives vom Abschlag sind. Nimmt man einen durchschnittlichen Neigungswinkel von 11° an, stimmt die Abhängigkeit von Flugweite und Anfangsgeschwindigkeit mit bereits existierenden Daten gut überein.
Das Erlichson-Modell enthält Auftriebs- und Widerstandskräfte, die direkt proportional zur Geschwindigkeit sind. Es kann nur mit Weiten der Üblichen übereinstimmen, wenn man den Neigungswinkel auf 16° erhöht. Die Flugbahnen dieses Modells erreichen fast doppelt so große Höhen wie die der BH-Berechnungen und fallen außerdem steiler ab. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Flugbahnen des Erlichson-Modells eine viel höhere Sensibilität gegenüber Seitenwind und Sidespin aufweisen. Der Wert für den Winkel der maximalen Flugweite deckt sich genau mit dem Wert für den Winkel zur Übereinstimmung mit den übrigen Graphen, nämlich 16°. Das macht es unmöglich, die Ergebnisse des Erlichson-Modells in Übereinstimmung mit den Anderen zu bringen, wenn man berücksichtigt, dass die Rotation während des Fluges abnimmt.